Gliederung

 

 

Die Kleidung

 

Eine Inschrift, der die Identität des Betenden zu entnehmen wäre, ist nicht vorhanden. Somit kann lediglich der gesellschaftliche Stand des Dargestellten mit Hilfe der Kleidung diskutiert werden. Wie Karl Greiner schon feststellte, fehlen dem sogenannten Mönch beim heutigen Zustand der Skulptur alle Zeichen und Kleidungsstücke, die ihn als solchen kennzeichnen würden: Tonsur, Kapuze und Gürtel.47 Er vermutete daher zunächst, dass es sich um einen Novizen handeln könnte.48 Doch bei den Cluniazensern erhielten die Novizen schon mit Beginn der Probezeit eine Tonsur und einen „froccus“, ein langes Talargewand mit sehr weiten Ärmeln, an welches eine Kapuze genäht wurde, sofern die Novizen gemeinsam mit den Mönchen und nicht separiert in eigenen Zellen lebten.49

 

Vergleicht man die Skulptur mit den Gestalten vom Eulenturm, auf denen noch sehr viel mehr Details wie Ohren und Bart sowie Gürtel und Stiefel zu erkennen sind, so wird deutlich, dass der Erhaltungszustand des Fragments zu berücksichtigen ist. Nicht auszuschließen ist außerdem, dass Kleidungsbestandteile wie Kapuze und Gürtel eines Mönchs oder gar die Flügel eines Engels ursprünglich aufgemalt waren.

 

Im heutigen Zustand trägt die betende Figur keines der seinerzeit in Cluny und Hirsau gebräuchlichen Mönchskleider, wie sie in der Buchmalerei50 oder in zeitgenössischen Texten wie dem sogenannten Lorscher Spottgedicht über die Hirsauer überliefert sind51: weder die lange, ärmellose Skapulierkukulle mit Kapuze noch einen „froccus“, das stoffreiche, lange Talargewand mit sehr weiten Ärmeln, das in Hirsau über der Skapulierkukulle getragen wurde.52 Das an den Armen eng anliegende und am Rumpf geblähte Kleid, das nur unterhalb der Knie in Falten liegt, könnte am ehesten als eine Albe53 – ein liturgisches (Unter)Gewand für den Dienst am Altar – angesehen werden, das auch von Engeln getragen wird.54 In vergleichbaren Gewändern sind die Träger der Weihrauchfässer bei der Weihe des Hochaltars von Cluny 1095 durch Papst Urban II. im Chronicon Cluniacense von Saint-Martin-des-Champs (unten) abgebildet.55

 

21 Chronicon Cluniacense ba
Weihe des Hochaltars von Cluny III im Chronicon Cluniacense.
Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 17716, fol. 91r (Bild: Conant, Frontispiz)
 

Doch auch andere der oben genannten Mönchsdarstellungen an Kirchen lassen keine stereotype Kleidung erkennen: So trägt der Mönch am Tympanon von Alpirsbach56 Abb. ein bodenlanges Gewand mit Kapuze und mäßig weiten Ärmeln, aber keinen Gürtel. Der bärtige Abt am Tympanon von St. Ilgen57 und der heilige Mönch von St-Ursanne58 sind bekleidet mit Gewändern, die in der Taille geschnürt sind, die aber keine Kapuze aufweisen! Das stoff- und faltenreiche Kleid des Mönchs, der in St. Paul im Lavanttal59 rechts zu Füßen des Erlösers kniet, hat ebenfalls keine aus der Ferne zu erkennende Kapuze Abb.. Und auch Abt Wilhelm von Hirsau60 ist im Reichenbacher Schenkungsbuch nicht in einer Mönchskutte, sondern in Albe und Pluviale, einem Festgewand für den Gottesdienst, dargestellt.

 

Joomla templates by a4joomla